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SCHWERE ZEITEN

Bahnhof Gammertingen 1942. Über der Bahnhofswirtschaft die Propaganda-Parole: „Räder müssen rollen für den Sieg“. 2017 wurden die Gebäude abgerissen und durch ein elektronisches Stellwerk ersetzt.

Luftschutzlaterne um 1940 (Lok 14). Durch die Verdunkelungsvorschriften wurden solche nur wenig Licht spendende Loklaternen eingesetzt.

Wiederaufbau des Lauchert-Viadukts, Gammertingen 1946. Am 24. April 1945 waren die Landesbahnbrücken in Gammertingen von der Wehrmacht gesprengt worden. Erst im Dezember 1947 war das unterbrochene Netz wieder durchgehend befahrbar.

Burladingen Mai 1962. Lok 141 als Leerzug am Gedenkkreuz für die Toten des Luftangriffs vom 9. September 1944.

Schwere Verluste an Menschen und Material hatte die Hohenzollerische Landesbahn gegen Ende des Krieges. Einen Höhepunkt an Transportleistungen gab es dann zu den Zeiten des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders.

Die ersten Kriegsjahre des Zweiten Weltkrieges sind für die Hohenzollerische Landesbahn und die Hohenzollerischen Lande ohne große Beeinträchtigung verlaufen. Natürlich gab es bald nach Kriegsbeginn Personalabstellungen von jungen Mitarbeitern an die Wehrmacht, der Betrieb der Hohenzollerischen Landesbahn lag aber im „Reichsverteidigungsinteresse“ und somit gab es häufig „Unabkömmlichstellungen“.  Fehlendes Personal musste durch Fremdarbeiter und Frauen aufgefangen werden.

Judentransporte fanden 1941 und 1942 ab Bahnhof Haigerloch nach Eyach und von dort zum Sammellager am Stuttgarter Killesberg statt. Dazu wurden Reichsbahnwagen an planmäßige Landesbahn-Personenzüge  angehängt.

Vermehrt Transportaufträge gab es fortan für kriegswichtige Güter, der friedensmäßige Güterverkehr wurde mehr und mehr eingeschränkt. Bedeutung erlangte im Krieg die Munitionsanstalt „Muna“ Haid bei Großengstingen. Die Hohenzollerische Landesbahn übernahm die Rüstungsganzzüge und beförderte sie meist nachts.

Ab 1944 verschlimmerte sich die Lage, es kam zu direkten Angriffen durch feindliche Tiefflieger. Die erste Nachricht darüber findet sich in den Aufzeichnungen vom 22. Juli 1944. Am 10. September 1944 griffen feindliche Tiefflieger den Zug zwischen Gauselfingen und Burladingen an. Hierbei starben 9 Menschen, Lok 14 und Wagen 28 wurden beschädigt. Ein weiterer Fliegerangriff war am 28. September 1944 bei Hart. Dabei gab es zwei Tote, Lok 11 und 4 Wagen wurden beschädigt. Am 7. Oktober 1944 war der nächste Angriff bei Trillfingen mit einem Toten und der Beschädigung von Lok 15, der stärksten Landesbahnlok.

Man musste nun täglich mit Angriffen rechnen. Der schlimmste Angriff auf die Landesbahn erfolgte am 27. Februar 1945. Französische Flugzeuge griffen einen Zug beim Bahnhof Jungnau an. Werkstättenvorsteher Fritz Däche (1892 - 1967) schrieb ins Tagebuch der Bahnbetriebswerkstätte Gammertingen: „27 Tote, Lokführer Josef Beck verwundet, Heizer Seb. Reichle tot“. Auch der Gramper (Gleiswerker) Josef Leuze gehörte zu den Toten. Es gab auch einige Schwerverletzte. Zahlreiche Opfer kamen aus Neufra oder Gammertingen.   

Ein Schicksal ist besonders bemerkenswert. Unter den Toten war auch Anna Herre aus Neufra, die mit ihrem frisch entbundenen Sohn Hans aus dem Krankenhaus in Sigmaringen kam. Dieser blieb wie durch ein Wunder unverletzt, weil er unter eine Holzbank rutschte. Er machte ab 1960 eine nichttechnische Ausbildung bei der Hohenzollerischen Landesbahn!

Am Abend des 21. April 1945 wurde der Landesbahnbetrieb eingestellt. Schon bald nach Kriegsende im Mai begann man mit den Aufräumungsarbeiten in der Werkstatt und an den gesprengten Brücken. In beschränktem Maß wurde dann am 3. August 1945 der Zugverkehr wieder aufgenommen.

Bis zu ihrer Verschrottung waren an Dampflokomotiven und Wagen noch die Spuren der Einschüsse zu sehen. Sie wurden einfach mit kleinen Blechplättchen überdeckt.

Nach dem Krieg wurde viel Holz in den heimischen Wäldern als „Reparationshiebe“ geschlagen, auf Stationen der Hohenzollerischen Landesbahn  verladen und bis 1950 nach Frankreich verbracht.  Nach dem Bau der Eberhard-Finkh-Kaserne 1958 in Großengstingen und der Graf Stauffenberg-Kaserne in Sigmaringen transportierte die Hohenzollerische Landesbahn erstmals nach dem zweiten Weltkrieg wieder militärisches Gerät.