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VERKEHRSWEGE UND BAHNBAU

Durch Zufall ist uns ein Bild vom Bau des Durchgangs beim Beginn des heutigen Eisenbahnlehrpfades von der Neufraer Seite erhalten geblieben (1908). Noch heute erfüllt dieser Übergang trotz gestiegener Achslasten seine Funktion!

Gammertingen erlebte 2 Bahnbauphasen, hier abgebildet 1901 für die Strecke nach Kleinengstingen. Die von Hand ausgeführten Erdarbeiten waren sehr arbeitsintensiv. Erst 1908 erfolgte der Ausbau zum Bahnknoten. Das Empfangsgebäude ist heute Geschichte und musste 2017 einem Neubau weichen.

1908: Ein Bauzug, gezogen von einer preußischen T3, bringt die Arbeiter zu Baustelle. Stolz zeigt der Heizer das Statussymbol seines Berufstandes, die Ölkanne. Weitere Vorgesetzte erkennt man an den selbstbewusst zur Schau gestellten Ketten der Taschenuhren.

Gammertingen 1908. An der Feldschmiede wurden Reparaturen an Eisenteilen, z.B. Loren vorgenommen. Die Schmiede trugen wie damals üblich lederne „Schaffschürzen“.

Der Bau der Hohenzollerischen Landesbahn brachte einheimischen wie auch auswärtigen Arbeitern ein Einkommen. Die Teilstrecke Neufra-Gammertingen erforderte besonders viel Erdarbeiten.

Auf einer der ältesten Landkarten der Region, angefertigt von Johann Majer 1710 sind nur die Flusstäler und die Ortsnamen in der Schreibweise eingezeichnet, wie sie heute noch im Dialekt gesprochen werden. Verkehrswege waren noch nicht kartierungswürdig. In einer Karte von 1863 sind die Alten Steigen von Neufra und Gammertingen sowie die „Galgensteige“ Richtung Riedlingen als bedeutsame Verkehrswege eingezeichnet. Sie wurden in dieser Zeit noch von einer ganzen Anzahl von Frachtfuhrwerken, Botenfuhrwerken und natürlich von Postkutschen befahren.

Die ab 1899 konzipierten Eisenbahntrassen der Hohenzollerischen Landesbahn folgten den natürlichen Flusstälern und nahmen damit einen ähnlichen Verlauf wie die bisherigen Verkehrswege. Der Erbauer der Hohenzollerischen Landesbahn war der Geheime Baurat Max Leibbrand (1851 - 1925). 1899 wurde die Hohenzollerische Kleinbahn-Aktiengesellschaft in Sigmaringen gegründet. Die Kosten für die „Längsbahn durch Hohenzollern“ waren trotz preußischer Hilfe so hoch, dass der Spruch umging: „Die Kühe verrecken am Milzbrand, und das Hohenzollern-Ländle am Leibbrand“.

Zunächst fanden Vermessungen und Geländebegutachtungen statt. Mancher Vermessungsgehilfe sollte in den folgenden Jahrzehnten eine Lebensstellung bei der Hohenzollerischen Landesbahn erhalten, wie zum Beispiel Josef Weiß (1873 - 1940). Gleichzeitig wurden von der „Westdeutschen Eisenbahngesellschaft in Cöln“ die Bauzeichnungen der Agenturgebäude angefertigt und manche Bahnhöfe auch gleich von den ortsansässigen Baufirmen gebaut. Mitgeplant und gebaut wurde immer ein öffentliches Aborthäuschen, was damals nicht selbstverständlich war. Dann zogen die Kolonnen italienischer Saisonarbeiter in die Fluren hinaus, um die Erdarbeiten durchzuführen. Dies bezeugen etliche Fotos, die in u.a. auch Neufra gemacht wurden. Die Pferde der Rossbauern zogen die mit Erdaushub gefüllten Kipploren. Den Feldbahnlokomotiven der Baufirmen folgten normalspurige Bauzugloks, welche alte Dampfloks der Westdeutschen Eisenbahngesellschaft waren. Die Bauzugloks „Stadthagen“ und „Osterholz“ mit Baujahr 1872 waren damals schon uralt.

Beim zweiten Bahnbau von 1906 bis 1908 gab es in Gammertingen eine leistungsfähige Feldschmiede. Der Überlieferung nach fand der Gammertinger Schmied Franz Sales Göggel aus dem „Unser“ hier ein gutes berufliches Auskommen. Reparaturen wurden vor allem an den eisernen Kipploren ausgeführt. An den Bahnübergängen wurden gusseiserne Schilder aufgestellt: „Halt wenn das Läutewerk der Lokomotive ertönt oder ein Zug anderweitig wahrnehmbar wird“. Verkehrszeichen gab es ja noch keine.

Nach den Eröffnungsfeierlichkeiten mussten sich jeweils zwei zweiachsige Dampfloks auf den vier Stammstrecken im Alltagsbetrieb bewähren. Bahnbetriebswerke mit Lokschuppen für zwei Loks hintereinanderstehend gab es in Bingen, Stetten, Burladingen und natürlich in Gammertingen. Heute steht nur noch derjenige in Gammertingen.

Die Lok "Stadthagen" war als Bauzuglok schon ein echter Oldtimer, sie wurde 1872 gebaut. Im Führerstand der Werkstättenvorsteher Amelong, vorne der spätere Lokführer Otto Götz (1889 - 1975). Im Hintergrund ist die Gammertinger Werkstatt im Rohbau.
Pläne der Lokschuppen für die je 2 c- und d-Loks der Landesbahn. Diese mussten auf einem Gleis hintereinander stehen, daneben die Werkstatteinrichtungen. Der Lokschuppen in Gammertingen ist der einzige, der im Jahr 2018 noch steht!
Die geplante, nicht realisierte Streckenführung Neufra - Hermentingen, hier im Fehlatal beim "Alten Schloss" (Schloss Baldenstein). Die aktuelle Streckenführung läuft links oben über den Sattel bei der Fehlakapelle.