DER BAHNHOF NEUFRA
Bahnhof Neufra, Januar 1962. Lok 16 hat einen für Neufra bestimmten Güterwagen abgestellt. Packwagen und Personenwagen stammen von der Erstausstattung der Bahn von 1901.
Neufra, September 1962. Die Zuglast ist für Lok 141 (links) zu groß. Deshalb ist die in Bereitschaft stehende Lok 12 geschickt worden, um im Vorspann die Steigung 1:40 zur Fehlahöhe zu überwinden. Die Hausfrau freut's wohl weniger .......
Neufra, November 1962. An der Dampfsäule sehen wir, dass der Heizer auf Lok 15 Kohlen nachgelegt hat, um genügend Dampf in der folgenden Steigung zu haben.
Neufra Bahnhof, Dezember 1975. Bahnagent Alex Oßwald (1883 – 1979) prüft die Begleitpapiere eines Expressguts. Zur Ausstattung der besetzten Bahnhöfe gehörte der Fahrkartenschrank und der Stempler. Das Schalterfenster wurde nur kurz vor Ankunft der Züge geöffnet.
In Neufra gab es früher einen der typischen Landesbahn-Bahnhöfe. Hier begann auch der Aufstieg zur Fehlahöhe mit der Steigung 1:40
Bei der Planung der Strecke ging man von einer Linienführung durch die Ortschaft Neufra aus. Die Bauern, die 1907 an die Bahn verkaufen durften, waren sicher nicht ganz unglücklich, da es zu dieser Zeit nur wenige Einkommensmöglichkeiten gab.
Den Bahnhof plante man am Ortsende, der jetzigen Haltestelle ein. Besetzt war er von Anfang an mit einem Bahnagenten, lange Zeit von Alex Oßwald und nachfolgend von seinem Sohn Wilhelm aus Neufra. Die Bahnagenten hatten strikte Anwesenheitspflicht bei jedem ankommenden und abgehenden Zug. Sie waren dem Mutterbahnhof Gammertingen unterstellt. Zur Grundausstattung eines typischen Landesbahn-Nebenbahnhofs gehörte ein Fahrkartenschrank für die Edmondsonschen Pappfahrkarten sowie ein hölzerner Bahnhofswagen zum Transportieren der an- und abgehenden Gepäckstücke. Auch ein Bahnhofsabort gab es, für die Reinigung war der Bahnagent zuständig.
Eine besondere Dienstleistung war im Winter ein wohlbeheizter Warteraum. Um die Bahnhöfe mit Hausbrand zu versorgen, fuhr im Herbst der Stationskohlenzug, von dem jedes Bahnhofsagenturgebäude seinen Vorrat an Hausbrand bekam. Die Heizung oblag dem Bahnagenten, ein eiserner Kanonenofen sorgte für mollige Wärme. Welch ein Unterschied zu heute, die Reisenden müssen draußen unter einem Wetterschutz ausharren. Auch betrieblich gab es auf dem Bahnhof Neufra Besonderheiten.
Neufra hatte bis 1987 ein zweites Gleis mit handbetriebenen Weichen. Dort konnten Züge kreuzen, aber auch Güterwagen auf dem Nebengleis ein - oder abgestellt werden. Für die bergwärts fahrenden Züge musste in Neufra immer extra Dampf gemacht werden, damit in der 1:40-Steigung zur Fehlahöhe sich genügend Dampf entwickeln konnte. Dicke Rauchwolken, das Geräusch des Injektors (der Wasserspeisepumpe), das Abblasen der Sicherheitsventile gehörten zur Tagesordnung.
In älteren Fahrtberichten stößt man immer wieder auf die Bemerkung: „Verspätung infolge Dampfmangels in Neufra“ oder „Neufra 10 Minuten Dampf machen“. Nicht immer war das Lokpersonal schuld, es gab undichte Siederohre („Rohrlaufen“) oder auch minderwertige Kohle in den Kriegen. Und Dampfloks waren einfach reparaturanfälliger. Oft musste von Gammertingen die Dampflok, die tagsüber in ständiger Bereitschaft stand, als Vorspannlok ab Neufra angefordert werden.
Noch in den 1960er Jahren war es auch üblich, einen Teil der Last auf dem Bahnhof Neufra abzustellen. In einer zweiten, manchmal auch dritten Sonderfahrt holte die Dampflok – oft die Gölsdorf-Maschinen 11 oder 12 – die restliche Last über die Fehlahöhe.